DAMALS, UND EIN KOFFER ist Krikor Melikyans erster Roman. Verlag Das Arsenal, Berlin 2005, mit Tusche-Zeichnungen von Ingrid A. Schmidt.
von Elvira Reith
Wenn man zur Ruhe kommt, und aus der tiefen Erinnerung schreibt, reichen oft wenige gesetzte Worte, um Erlebtes in seiner ganzen Essenz zu erfassen, übrig bleibt das Authentische, die innere Wahrheit. Der Autor spannt einen weiten Bogen, vom Berlin der 30er Jahre in das Berlin der 60er Jahre und berührt dabei Kernpunkte der jüngeren deutschen Geschichte.
Die erste kurze Erzählung "Damals, und ein Koffer" von Krikor A. Melikyan handelt von frühen Emigranten und ihrer Liebe zu Deutschland, vom Bleiben-Wollen eines Semiten und Bleiben-Dürfen eines Armeniers. Es ist die Zeit der Nationalsozialisten, als die Angst aus den Koffern kroch, die Zeit der verhuschten Gestalten, die Zeit der Verunsicherung und schon konkreten Bedrohung.
In autobiografischer Skizze gedenkt der heute über 80-jährige Autor an den symbolhaften gelben Koffer, den der arabische Freund der Familie, Selim Dhomet, Kapellmeister in Berlin, 1934 auf der Flucht, mitbrachte. Er erinnert sich wie sein Vater und Selim zärtlich die Köpfe aneinander legten, die gemeinsame Zeit im Jerusalemer deutschen Waisenhaus heraufbeschwörend, dort, wo sie aufgewachsen waren und ganz früh ihre Liebe zur deutschen Musik und deutschen Kultur entdeckt hatten. Die Zeit danach? Sie wird zur Zeit "davor...", so ist man gedanklich schnell bei den Armenischen Flüchtlingen, den Überlebenden des Völkermordes in Anatolien, die nach 1916 in alle Welt verstreut, schließlich auch in Deutschland landeten. So wurde der Autor Krikor A. Melikyan 1924 in Köln als Sohn des Emigranten Krikor Melikyan geboren. Die Geschichte ist rührend, sie ist still und aufrüttelnd zugleich. (...) Auszug
veröffentlicht in ADK, Armenisch-Deutsche Korrespondenz, Jhg. 2006, Heft 133/134